In Österreich stammen nach wie vor über 90 Prozent aller Erdgasimporte aus Russland, der Verbrauch wird weiterhin als hoch bewertet. Was passiert im Falle eines Einfuhrverbots von russischem Erdgas in die EU?
Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine importiert die EU nur noch ein Viertel der ursprünglichen Menge aus Russland. „Dennoch bleibt das Land Exporteur von Flüssigerdgas (LNG) nach Europa und hat auch noch einige Länder Mittel- und Osteuropas energiepolitisch im Griff“, warnt eine Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts DIW.„Der Gasbedarf könnte durch Pipeline-Importe aus anderen Ländern und LNG ohne Ausbau der Infrastruktur in fast allen Szenarien gedeckt werden“, verspricht die Untersuchung, die der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag vorab vorlag. Auch in sehr von russischem Erdgas abhängigen mittel- und osteuropäischen EU-Ländern wie Österreich und Ungarn könnte die Versorgung sichergestellt werden. „Die Versorgungssicherheit steht also weiteren EU-Sanktionen gegen Russland nicht im Weg“, heißt es weiter. Grundlage der Studie waren Modelle, die sowohl mit schnell als auch mit langsam sinkender Erdgasnachfrage rechneten.Noch über 90 Prozent aller Gasimporte in Österreich aus RusslandEU-weit decke Russland derzeit noch rund 14 Prozent der Erdgasnachfrage. „Doch Deutschland und Europa kämen in den kommenden Jahrzehnten auch ohne Importe aus Russland aus, selbst die stark von russischem Erdgas abhängigen Länder wie Österreich und Ungarn“, erklärte Autorin Franziska Holz. In Österreich kamen im März 2024 nach Angaben des Bundesministeriums für Energie 93 Prozent der Gasimporte aus Russland, im Dezember 2023 sogar 98 Prozent.Würde die EU doch noch Sanktionen gegen russisches Erdgas verhängen, würde die Lücke vor allem über Norwegen und die USA geschlossen, so die Studie weiter. „Aber auch Länder wie Algerien, Katar, Nigeria und Aserbaidschan würden den Wegfall des russischen Erdgases ersetzen - selbst dann, wenn die Nachfrage in der EU nicht so schnell wie geplant sinken würde.“Erdgasausstieg soll Erpressbarkeit verringernEine Verteilung der Importe auf mehr Bezugsquellen halten die Autorinnen und Autoren für dringend geboten. „Alle europäischen Länder haben verstanden, dass sie ihren Bedarf auf mehr Erdgasquellen verteilen müssen, als sie das früher getan haben.“ Der Import von LNG werde dabei in allen Szenarien wichtiger, vor allem bei einem verzögerten Nachfragerückgang-Szenario, das einen konstant hohen Verbrauch bis Anfang der 2030er Jahre annehme.Die europäische Energiewirtschaft steuere auf einen Erdgasausstieg zu, erklärte die Leiterin der DIW-Abteilung Energie, Claudia Kemfert. Der rasche Umstieg auf erneuerbare Energien sei nicht nur klimapolitisch sinnvoll. „Er trägt auch maßgeblich dazu bei, bestehende Importabhängigkeiten und damit die vermeintliche Erpressbarkeit einiger europäischer Staaten zu verringern.“