Es beginnt oft vor dem 40. Lebensjahr, meist in den 20ern oder 30ern: Starke Schmerzen treten in der unteren Lendenwirbelsäule auf. Sie quälen Betroffene zumeist in den frühen Morgenstunden, zwingen sie aus dem Bett. An Schlaf ist nicht mehr zu denken, denn nur nach dem Aufstehen und bei Bewegung bessern sich die Probleme.
„Diese Beschwerden sind vielfach nicht leicht von ,normalen’ Rückenschmerzen durch Muskelschwäche und -verspannungen zu unterscheiden, und können natürlich zusätzlich auftreten“, gibt der Wiener Priv.-Doz. Dr. Johannes Grisar, FA für Innere Medizin und Rheumatologie zu bedenken. „Daher wird Morbus Bechterew (Spondylitis ankylosans) in vielen Fällen nach wie vor spät diagnostiziert. Bis zu sieben Jahre vergehen im Durchschnitt, bis eine Person weiß, worunter sie eigentlich leidet.“Hohe Dunkelziffer von PatientenDementsprechend groß dürfte auch die Dunkelziffer nicht erkannter Patienten sein. Bei dieser entzündlich rheumatischen Wirbelsäulenerkrankung handelt es sich um ein Autoimmunleiden, das häufig mit Entzündungen in den Kreuz-Darmbein-Gelenken (Iliosakralgelenken) beginnt. Hierzulande ist in etwa jeder 200. Österreicher betroffen. Das Leiden lässt sich nicht verhindern, man weiß auch nicht, was es konkret auslöst.Es gibt noch weitere Hinweise, welche Ärzte und Patienten auf die richtige Spur bringen: Bestimmte genetische Marker im Blut sind bei bis zu 90 Prozent der Betroffenen erhöht, aber nicht unbedingt. Und auch Begleiterscheinungen sind speziell, laut Doz. Grisar: „Fast die Hälfte erleidet einmal eine Uveitis, also Regenbogenhautentzündung im Auge. Etliche leiden unter Psoriasis (Schuppenflechte), selten treten gleichzeitig entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa auf. Auch andere Gelenke können in Mitleidenschaft gezogen werden, geschwollen oder schmerzhaft sein.“ Sind in der Familie überdies entzündliche (rheumatische) Autoimmunleiden bekannt, sollten bei genannten Symptomen ebenfalls die Alarmglocken läuten.Nicht verzagen, es gibt Hilfe!„Niemand muss heute jedoch verzweifeln! Es gibt mittlerweile sehr gute Therapien mit mehreren Behandlungsoptionen, doch diese sollten früh eingesetzt werden, damit keine Spätfolgen wie Knochenverhärtungen und -versteifungen auftreten“, macht der Rheumaspezialist Mut. „Bei einigen Patienten helfen Schmerzmittel (nicht steroidale Antirheumatika) gut. Sollten diese jedoch nicht zu einer ausreichenden Schmerzlinderung führen, kommen sogenannte Biologika zum Einsatz. Dazu zählen etwa TNF Blocker sowie Interleukin 17-Hemmer, welche unter die Haut gespritzt werden. Seit ca. fünf Jahren gibt es auch die JAK-Hemmer aus der Gruppe, der Small Molecules, welche in Tablettenform eingenommen werden.“Diese Möglichkeiten sind als ebenbürtig hilfreich einzustufen, Arzt und Patient entscheiden gemeinsam darüber, welche Therapieform am besten passt.Regelmäßige Bewegung wichtigFür Bechterew-Betroffene ist auch regelmäßige Bewegung wichtig. „Tatsächlich geht es Sportlichen körperlich oftmals viel besser als ,Couch Potatoes’. Regelmäßige Physiotherapie stellt ebenfalls eine notwendige Ergänzung zur medikamentösen Behandlung dar“, erklärt Doz. Grisar.