Die in Österreich geborene Karin Steinhauser, 43 Jahre alt, lebt und arbeitet als Intensivkrankenpflegerin in London. Ihre umfangreiche Erfahrung im Gesundheitswesen ermöglicht es ihr, die Unterschiede in der Gesundheitsversorgung zwischen Österreich und Großbritannien detailliert zu vergleichen. In einem Interview mit "Krone Gesund" teilt sie ihre Perspektiven und Eindrücke über die beiden Systeme und deren Vor- und Nachteile.
Karin Steinhauser betont, dass das Gesundheitssystem in Österreich sehr gut strukturiert ist. Sie hebt hervor, dass die Patienten dort einen besseren Zugang zu allgemeinen medizinischen Dienstleistungen haben. In Österreich gibt es eine klare Organisation, die sicherstellt, dass jeder Bürger die notwendigen Behandlungen schnell und effizient erhält. Zudem ist die medizinische Grundversorgung in Österreich für die Bürger kostenlos, was ein entscheidender Vorteil ist.
Im Gegensatz dazu schildert Steinhauser ihre Erfahrungen in London, wo das Gesundheitssystem durch die National Health Service (NHS) geregelt wird. Während der NHS vielen Menschen Zugang zu medizinischen Dienstleistungen bietet, gibt es auch erhebliche Herausforderungen. Lange Wartezeiten und hohe Belastungen für das Personal sind häufige Probleme, die die Qualität der Patientenversorgung beeinträchtigen können. Karin betont, dass die Belastungen für das Pflegepersonal in Großbritannien deutlich höher sind, was zu Stress und Burnout führen kann.
Ein weiterer bemerkenswerter Unterschied, den Steinhauser feststellt, ist die Art und Weise, wie Pflegekräfte in den beiden Ländern arbeiten. In Österreich haben Intensivpfleger oft mehr Zeit für jeden einzelnen Patienten, was eine qualitativ hochwertige Betreuung ermöglicht. In London hingegen ist das Tempo der Arbeit schneller und die Anzahl der Patienten, die eine Pflegekraft gleichzeitig betreuen muss, ist oft höher. Dies hat Auswirkungen auf die persönliche Beziehung zwischen Pflegekräften und Patienten.
Steinhauser beschreibt auch die kulturellen Unterschiede, die sich auf die Gesundheitsversorgung auswirken. In Österreich ist der Fokus stark auf Prävention und rechtzeitige Behandlung gelegt. Die Menschen sind oft besser über ihre Gesundheit informiert und neigen dazu, frühzeitig medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen. In London hingegen beobachtet sie, dass viele Patienten zögern, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, was dazu führen kann, dass Krankheiten spät erkannt werden.
Zusätzlich betont Karin die Bedeutung der Teamarbeit im Gesundheitssektor. In ihrer Arbeit in London hat sie festgestellt, dass die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Fachrichtungen oft reibungsloser verläuft. Das multidisziplinäre Team arbeitet enger zusammen, um die bestmögliche Versorgung für die Patienten sicherzustellen. In Österreich hingegen gibt es manchmal eine stärkere Hierarchisierung, die die Zusammenarbeit behindern kann.
Insgesamt lässt sich zusammenfassen, dass die Erfahrungen von Karin Steinhauser zeigen, wie unterschiedlich die Gesundheitsversorgung in Österreich und Großbritannien ist. Während Österreich für seine gut organisierte und präventiv ausgerichtete Gesundheitsversorgung bekannt ist, kämpft das britische System mit Herausforderungen wie langen Wartezeiten und einer hohen Arbeitsbelastung für das Pflegepersonal. Dennoch gibt es in beiden Ländern Stärken und Schwächen, die es wert sind, zu analysieren und voneinander zu lernen.
Abschließend appelliert sie an die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Verbesserung in beiden Ländern, um die Gesundheitsversorgung für alle Bürger zu gewährleisten und um sicherzustellen, dass Pflegekräfte unter den bestmöglichen Bedingungen arbeiten können.