In der Europäischen Union wird ein zentraler Ansatz zur Reformierung des globalen Handelssektors wieder aufgegriffen. Vor dem Hintergrund der anhaltenden Handlungsunfähigkeit der Welthandelsorganisation (WTO) denken die politischen Entscheidungsträger über mögliche Alternativen nach. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat beim EU-Gipfel in Brüssel eine grundlegende „Neugestaltung“ der WTO ins Spiel gebracht, um den Herausforderungen der modernen Handelslandschaft adäquat zu begegnen.
Die WTO steht seit einiger Zeit in der Kritik, weil sie nicht in der Lage ist, effektive Lösungen für die komplexen Handelskonflikte und die ungleichen Wettbewerbsbedingungen zwischen den Mitgliedsstaaten zu finden. Die durch die COVID-19-Pandemie verstärkten wirtschaftlichen Spannungen und geopolitischen Herausforderungen, wie die Spannungen zwischen den USA und China, haben die Notwendigkeit einer Reform der WTO weiter unterstrichen. Von der Leyen befürwortet die Idee einer Neuausrichtung, um die Organisation wieder handlungsfähig zu machen und um sicherzustellen, dass sie die Interessen der EU und ihrer Mitgliedsstaaten besser vertreten kann.
Ein zentraler Punkt in der Diskussion ist die Möglichkeit, eine neue internationale Handelsorganisation zu schaffen, die flexibler und anpassungsfähiger ist als die bestehende WTO. Dabei könnte eine solche Organisation nicht nur die Handelsregeln neu definieren, sondern auch neue Akteure und Partner im globalen Handel einbeziehen, insbesondere im Kontext der digitalen Wirtschaft und der nachhaltigen Entwicklung. Die Herausforderungen der Klimakrise und der digitalen Transformation erfordern innovative Ansätze, um den globalen Handel zukunftssicher zu gestalten.
Im Rahmen der Gespräche beim EU-Gipfel wurde auch über die Bedeutung einer stärkeren Kooperation unter den EU-Mitgliedstaaten hervorgehoben. Es wurde betont, dass die EU als einheitlicher Block auftreten sollte, um ihre Interessen gegenüber anderen globalen Akteuren effektiver zu vertreten. Von der Leyen positionierte sich klar, dass die EU nicht nur die Regulierungsstandards weltweit beeinflussen, sondern auch eine Vorreiterrolle im Kampf gegen den Klimawandel übernehmen sollte.
Die Gedanken über eine Reform der WTO sind nicht neu, doch sie gewinnen in Anbetracht der aktuellen globalen Herausforderungen an Dringlichkeit. Es bleibt abzuwarten, wie die konkreten Schritte zur Umsetzung dieser Reformen aussehen werden und ob es den EU-Ländern gelingt, eine einheitliche Strategie zu entwickeln, um sich als starke Handelsmacht im globalen Konsequenzen zu behaupten. Die nächsten Monate könnten entscheidend dafür sein, wie sich die Handelsarchitektur international entwickeln wird und welche Rolle die EU dabei spielen wird.